Herzchirurgie und Diabetes mellitus

Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sind heute weniger durch akute Stoffwechselentgleisungen, sondern vielmehr durch vaskuläre Komplikationen gefährdet.

J. Ennker, S. Jakob, A. H. Lauruschkat

Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sind heute weniger durch akute Stoffwechselentgleisungen, sondern vielmehr durch vaskuläre Komplikationen gefährdet. Durch die Zunahme der kausalen Risikofaktoren – Übergewicht, Fehlernährung und körperliche Inaktivität – nehmen diese Stoffwechselerkrankung und ihre Folgen an Häufigkeit drastisch zu und werden bei immer jüngeren Patienten entdeckt.

Im Vergleich zur Normalbevölkerung haben Typ-2-Diabetiker eine bis zu dreifach höhere Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Peripherer Arterieller Verschlusskrankheit. Dabei kommt es bei Diabetikern oft zu einer rapiden Progredienz der Arteriosklerose mit ausgeprägten und multiplen Gefäßveränderungen. Die kardiovaskuläre Mortalität dieser Patienten ist drastisch erhöht. In den letzten Jahren wird der enge Zusammenhang zwischen Diabetes mellitus (Typ 2) und kardiovaskulären Erkrankungen immer deutlicher. Daher gerät dieses Thema zunehmend in den Fokus des wissenschaftlichen und öffentlichen Interesses.

Unter den herzchirurgischen Bypasspatienten liegt der Anteil an bereits bekannten Diabetikern derzeit bei 30%. Wie eigene Untersuchungen zeigen (Lauruschkat et al., Circulation 2005; 112:2397-2402), muss zusätzlich mit einer Prävalenz des unentdeckten Diabetes mellitus von mehr als 5% gerechnet werden. In der Herzchirurgie stellen diese Diabetiker eine bedeutende und – aus vielerlei Gründen – besonders herausfordernde Patientengruppe dar, die einer intensiven und interdisziplinären Betreuung bedarf.

Die Versorgung diabetischer Koronarpatienten erfordert ein hochqualifiziertes Netzwerk, das von der Akut-Klinik über die Rehabilitationsklinik bis zur Nachsorge bei Hausarzt und niedergelassenen Diabetologen reichen sollte. Das postoperativ eingeleitete Management der kardiovaskulären Faktoren sollte – im Sinne einer vaskulär protektiven Therapie – intelligent aufeinander abgestimmt sein und nicht nur auf die reine Korrektur einzelner Risikofaktoren abzielen. Die gesundheitsökonomischen Folgen des Diabetes mellitus – einer führenden Volkskrankheit in den westlichen Industrienationen – sind beträchtlich, wobei die Kosten für die Folgekrankheiten die Aufwendungen für die eigentliche Diabetestherapie deutlich übertreffen. Angesichts der demographischen Entwicklung ist absehbar, dass nur in einer intensiven Zusammenarbeit aller betroffenen Fachdisziplinen die Herausforderungen dieser Epidemie künftig bewältigt werden können.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung dieser Thematik fand am 03. und 04. Juni 2005 in Offenburg hierzu erstmals ein großes Symposium mit renommierten Experten statt. Diabetologen, Kardiologen und Herzchirurgen haben eine seit Jahren wachsende Zahl gemeinsamer Patienten. Diesen Umstand wollten wir zum Anlass nehmen, einen nachhaltigen Dialog zwischen unseren Berufsgruppen über die optimale Versorgung diabetischer Koronarpatienten zu eröffnen.

Die Tagung stand unter der Schirmherrschaft der Fachgesellschaften – der DDG, der DGK und der Stiftung herzkranker Diabetiker.

Mit der Veröffentlichung dieser Tagung als Supplement der Zeitschrift Clinical Research in Cardiology soll unter anderem ein besonderer Beitrag zu dieser Thematik geleistet werden.